Vor dem Beginn mit der Beschäftigung mit Herzrhythmusstörungen sollten
einige elektrophysiologische Grundlagen in Erinnerung gerufen werden.
Die Extrasystolen
Die Extrasystolen entsprechen der Aktivität eines ektopen Fokus. Eine
Extrasystole ist als ein vorzeitiger Schlag im kardialen Zyklus
definiert; sie nimmt ihren Ausgang von irgendeinem Punkt des Myokards
außerhalb des Sinusknotens aufgrund einer erhöhten Automatizität, eines
Mikro-Reentrys oder einer getriggerten Aktivität (Nachdepolarisation).
Der Ursprung einer Extrasystole kann atrial, nodal oder ventrikulär
sein. Die elektrokardiographische Morphologie ist entsprechend
charakteristisch.
Zusätzlich definiert der Zeitpunkt des Auftretens die Extrasystole und
entsprechend kann der Grundrhythmus gestört werden.
Die Extrasystolen sind charakterisiert durch ihre Morphologie, welche
vom Ursprung und dem Zeitpunkt des Auftretens während des Herzzyklus
abhängt.
Supraventrikuläre Extrasystolen
Im EKG zeichnet sich die supraventrikuläre Extrasystole durch eine
vorzeitige P’-Welle aus, deren Morphologie variabel ist abhängig vom
Ursprung in den Vorhöfen.
Wenn der ektope Fokus nahe am Sinusknoten ist, breitet sich die Erregung
gleich dem eines Sinusknotenimpuls aus und die P’-Welle ähnelt stark der
Sinusknoten-P-Welle. Im Falle eines Ursprung in der Nähe des AV-Knotens
breitet sich die Erregung in umgekehrter Richtung der normalen Erregung
mit negativen P’-Wellen in den inferioren Ableitungen II, III und aVF
aus.
Ein Fokus im mittleren Teil der Vorhöfe erregt diese simultan nach
kranial und kaudal, welches einer biphasigen P’-Welle entspricht.
Eine negative P’-Welle in den Ableitungen I und aVL spricht für einen
Ursprung im linken oberen Vorhof.
In der Regel wird eine Erregung einer supraventrikulären Extrasystole
auf die Ventrikel mit einem schmalem QRS-Komplex übertragen. Wenn die
atriale Extrasystole sehr früh in die absolute Refraktärperiode
einfällt, wird diese blockiert, d.h. die Erregung nicht übertragen.
Die P’-Welle bleibt isoliert und wird nicht von einem QRS-Komplex
gefolgt. Allerdings tritt eine Pause auf, bis sich der durch die
retrograde Erregung depolarisierte Sinusknoten erholt hat. Diese Art von
Extrasystolen ist teilweise schwierig zu erkennen, da die P’-Welle in
der T-Welle versteckt sein kann. Wenn die Extrasystole später einfällt
und der AV-Knoten sich in der relativen Refraktärperiode befindet, kann
die Überleitung auf die Kammern lediglich verlängert sein, welches einem
verlängerten P’R-Intervall entspricht, gefolgt von einem schmalen
QRS-Komplex. Nach Passage des His-Bündels kann die Erregung noch in
einem der Tawara-Schenkel blockiert werden, welches zu einer Verbreitung
des QRS-Komplexes führt.
Ventrikuläre Extrasystolen
Die Erregung einer ventrikulären Extrasystole breitet sich außerhalb der
physiologischen Erregungsbahnen über das Myokardgewebe mit einer
langsamen Geschwindigkeit aus. Aus diesem Grund ist der QRS-Komplex
verbreitert mit einer Dauer über 120 ms. Die Morphologie ist sehr
variabel, da sie von der Lokalisation des ektopen Fokus abhängt, welcher
sich an jedem Ort des Ventrikelmyokards befinden kann. Der Ursprung
einer ventrikulären Extrasystole kann nur ungefähr bestimmt werden.
Eine linke ventrikuläre Extrasystole beginnt mit der Aktivierung des
linken Ventrikels und die Erregung breitet sich über das Septum auf den
rechten Ventrikel aus. Die Ausbreitung findet etwa auf gleichem Wege wie
bei einem Rechtsschenkelblock statt, daher ähnelt der QRS-Komplex der
Morphologie eines solchen Blocks (prominentes R in V1). Umgekehrt hat
eine Extrasystole aus dem rechten Ventrikel in etwa die Morphologie
eines Linksschenkelblocks (prominente S-Zacke in V1).
Die Extrasystolen mit einer überdrehten rechten Achse und einer
Morphologie der Linksverzögerung in den präkordialen Ableitungen haben
ihren Ursprung in der infundibulären Gegend, d.h. im rechtsventrikulären
Ausflusstrakt. Sie haben in der Regel eine benigne Prognose, solange
eine rechtsventrikuläre Dysplasie ausgeschlossen wurde. Polymorphe
Extrasystolen hingegen sind suggestiv für ein pathologisches Myokard,
häufig im Kontext einer ischämischen Kardiomyopathie.
Häufig ist das Intervall nach einer Extrasystole verlängert, man spricht
von einer “kompensatorischen Pause”, d.h. das Intervall zwischen den
beiden Sinusschlägen vor und nach der Extrasystole entspricht in etwa
dem doppelten RR-Intervall des Grundrhythmus. Die ventrikuläre
Extrasystole hat den basalen Sinusrhythmus nicht gestört. Sie hat
lediglich die Überleitung einer P-Welle verhindert, da sich durch sie
die physiologischen Leitungsbahnen im refraktären Zustand befanden.
Die Extrasystole kann auch dazuführen, dass ein normaler Sinusschlag
ersetzt wird, in diesem Fall ist das RR-Intervall zwischen der
Extrasystole und dem Sinusschlag gleich dem RR-Intervall des
Grundrhythmus. In einem anderen Fall kann die Extrasystole auch
lediglich zwischen zwei Sinusschlägen gelegen sein, ohne den
Sinusrhythmus zu stören.
Die Extrasystolen treten meist unregelmäßig auf, seltener regelmäßig:
Wenn eine Extrasystole jeweils einem Sinusschlag folgt, spricht man von
einem Bigeminus, von einem Trigeminus wird gesprochen, wenn zwei
Extrasystolen jeweils einem Sinusschlag folgen. Die Extrasystolen können
auch repetitiv sein, ein “Couplet” entspricht zwei aufeinanderfolgenden
Extrasystolen, ein Triplet entsprechend drei aufeinanderfolgenden. Drei
oder mehr aufeinanderfolgende Extrasystolen werden als Salve einer
nichtanhaltenden ventrikulären Tachykardie bezeichnet (, und ).